RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 19:32von Maga-neu • | 35.163 Beiträge
Zitat von: BerSieBei Schettino implodiert nichts. Und in der Krise offenbart sich der wahre Kern des Charakters. Bei einem solchen Kapitän hätte man das Schiff besser Costa Codardia (codardia gleich Feigheit) benannt.
21.01.2012 16:25 #102159
Wie mutig man ist (war), weiß man immer erst hinterher!
"Lord Jim" lehrt: Die Stunde des Versagens ist die Stunde der Wahrheit
Der unglückliche Kapitän der Costa Concordia, der das Schiff, nachdem er es auf Grund gesetzt hatte, noch vor seinen Passagieren verließ, hat einen berühmten Vorläufer in der Literatur. Es ist Lord Jim in Joseph Conrads gleichnamigem Roman von 1899. Auch Lord Jim, Erster Offizier auf einem Schiff mit Mekkapilgern, das zu sinken droht, hat sich in einem Anfall von Panik zusammen mit der Besatzung in Sicherheit gebracht und die Passagiere ihrem Schicksal überlassen. Die werden indes von einem zufällig vorbeikommenden Frachter gerettet, und der Fall kommt vor ein Seegericht. Lord Jim, der sich bis zum Tag seiner schändlichen Flucht für einen anständigen, wenn nicht heldenhaften Charakter gehalten hatte, muss sich in peinlichen Verhören das ganze Ausmaß seiner Feigheit und Pflichtvergessenheit vor Augen führen lassen.
Das Selbstbild des jungen Mannes implodiert, und dieses Drama ist es, das Conrad fasziniert. Was macht ein Mensch, der seine Selbstachtung in einem Moment des moralischen Versagens für immer zerstört? Wie lebt er weiter? Vor allem aber, was ist das für ein Moment? Offenbar gibt es Katastrophen, unter deren Entscheidungsdruck sich die Strukturen eines Charakters zersetzen – wovon auch das Protokoll des gespenstischen Gesprächs zeugt, das die Hafenaufsicht von Giglio mit dem Kapitän der Costa Concordia unmittelbar nach der Havarie geführt hat. Kapitän Schettino, schon an Land und in Sicherheit, zeigte sich in einem Zustand der Umnachtung, in dem ihm jedes Gefühl für Verantwortung abhandengekommen war. Er hatte das Unglück schon vollständig verdrängt.
So oder ähnlich, in einer Panik, die alles moralische Empfinden überstrahlt, muss man sich auch die Flucht der Schiffsoffiziere in Conrads Roman vorstellen. Der Schriftsteller hat seine Geschichte nicht konstruiert. Am 17. Juli 1880 geriet die britische SS Jeddah mit Pilgern aus Singapur auf der Fahrt nach Mekka in Seenot und wurde von ihrer Besatzung verlassen. Der Fall erregte damals die Öffentlichkeit, wie es heute der Untergang der Costa Concordia tut, und warf die gleichen Fragen nach der charakterlichen Tauglichkeit von Seeoffizieren auf. Lässt sich Todesangst, wenn sie denn empfunden wurde, juristisch bewerten? Aber Conrad geht in seinem Roman noch einen Schritt weiter. Seine bis heute bohrende Frage lautet, ob ein Charakter sich in der Krise tatsächlich zersetze oder nicht vielmehr seinen wahren Kern offenbare. Die Stunde des Versagens, so die bittere Vermutung des Dichters, ist die Stunde der Wahrheit."
Schöner Artikel aus DIE ZEIT
Die größte Feigheit des Kapitäns war vielleicht, seine Feigheit nicht zuzugeben, sondern diese unglaubliche Lügengeschichte zu erzählen. Der Mann hätte wirklich ins Kabinett Berlusconi gepasst...
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 19:36von Nante • | 10.428 Beiträge
Zitat von: Maga-neu
21.01.2012 19:32 #102169
Bei Schettino implodiert nichts. Und in der Krise offenbart sich der wahre Kern des Charakters. Bei einem solchen Kapitän hätte man das Schiff besser Costa Codardia (codardia gleich Feigheit) benannt.
Die größte Feigheit des Kapitäns war vielleicht, seine Feigheit nicht zuzugeben, sondern diese unglaubliche Lügengeschichte zu erzählen. Der Mann hätte wirklich ins Kabinett Berlusconi gepasst...
Italien als einzige Operette? Dank an Willes Worte. Das muß hart sein, immer in Mithaftung genommen zu werden.
Aber das stemmst Du schon.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 19:47von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: Maga-neu
21.01.2012 19:32 #102169
Bei Schettino implodiert nichts. Und in der Krise offenbart sich der wahre Kern des Charakters. Bei einem solchen Kapitän hätte man das Schiff besser Costa Codardia (codardia gleich Feigheit) benannt.
Die größte Feigheit des Kapitäns war vielleicht, seine Feigheit nicht zuzugeben, sondern diese unglaubliche Lügengeschichte zu erzählen. Der Mann hätte wirklich ins Kabinett Berlusconi gepasst...
Das mag sein, aber vielleicht war es früher ja der Ehrverlusst, der die Kapitäne bei sinkenden Schiffen an Bord hat bleiben lassen - und die wahren zu feige, womöglich danach ehrlos in der Gesellschaft als Ausgestoßener weiter zu leben?
Abgesehen davon, darf man das ja auch jetzt nicht generalisieren, wie ich es gerade tue!
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 19:54von Maga-neu • | 35.163 Beiträge
Zitat von: Nante
21.01.2012 19:36 #102171
Italien als einzige Operette? Dank an Willes Worte. Das muß hart sein, immer in Mithaftung genommen zu werden.
Aber das stemmst Du schon.
Na ja, ein Operettenstaat ist für mich eher Monaco. Unter dem Berlusca hat sich Italien allerdings in eine Bananenrepublik gewandelt. Ich sehe Italien eher als Land der Extreme im Positiven wie im Negativen.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 19:59von Maga-neu • | 35.163 Beiträge
Zitat von: BerSie
21.01.2012 19:47 #102175
Das mag sein, aber vielleicht war es früher ja der Ehrverlusst, der die Kapitäne bei sinkenden Schiffen an Bord hat bleiben lassen - und die wahren zu feige, womöglich danach ehrlos in der Gesellschaft als Ausgestoßener weiter zu leben?
Abgesehen davon, darf man das ja auch jetzt nicht generalisieren, wie ich es gerade tue!
Man kann auch zu viel psychologisieren, wie es die ZEIT tut. Der Fall ist einfach: Ein aufgeblasener neapoletanischer Gockel hat sich zur Zeit des Unfalls mit einer jungen Moldawierin an Bord vergnügt, die in den Passagierlisten nicht auftaucht. Wahrscheinlich wollte er sie mit seinem seemännischen Können beeindrucken und ihr zugleich einen Blick auf die wirklich schöne Isola del Giglio - ich habe dort einmal die Ferien verbracht - verschaffen. Dann hat ihn die Panik erwischt, er hat sein Köfferchen gepackt, sein Handy mitgenommen, sich ins Rettungsboot gesetzt und an Land von einem Taxi wegchauffieren lassen. Und dann hat er diese Lügengeschichte erfunden.
btw, er hat in Marsailles schon einmal das Leben der Passagiere riskiert, als er gegen die Empfehlungen der Hafenpolizei den Hafen verlassen hat - trotz drohenden Unwetters. Da kommt alles zusammen: Leichtsinn, Verantwortungslosigkeit, Panik, Feigheit, Gockelhaftigkeit...
Zitat von: BerSie
21.01.2012 09:25 #102159
Wie mutig man ist (war), weiß man immer erst hinterher!
"Lord Jim" lehrt: Die Stunde des Versagens ist die Stunde der Wahrheit
Der unglückliche Kapitän der Costa Concordia, der das Schiff, nachdem er es auf Grund gesetzt hatte, noch vor seinen Passagieren verließ, hat einen berühmten Vorläufer in der Literatur. Es ist Lord Jim in Joseph Conrads gleichnamigem Roman von 1899. Auch Lord Jim, Erster Offizier auf einem Schiff mit Mekkapilgern, das zu sinken droht, hat sich in einem Anfall von Panik zusammen mit der Besatzung in Sicherheit gebracht und die Passagiere ihrem Schicksal überlassen. Die werden indes von einem zufällig vorbeikommenden Frachter gerettet, und der Fall kommt vor ein Seegericht. Lord Jim, der sich bis zum Tag seiner schändlichen Flucht für einen anständigen, wenn nicht heldenhaften Charakter gehalten hatte, muss sich in peinlichen Verhören das ganze Ausmaß seiner Feigheit und Pflichtvergessenheit vor Augen führen lassen.
Das Selbstbild des jungen Mannes implodiert, und dieses Drama ist es, das Conrad fasziniert. Was macht ein Mensch, der seine Selbstachtung in einem Moment des moralischen Versagens für immer zerstört? Wie lebt er weiter? Vor allem aber, was ist das für ein Moment? Offenbar gibt es Katastrophen, unter deren Entscheidungsdruck sich die Strukturen eines Charakters zersetzen – wovon auch das Protokoll des gespenstischen Gesprächs zeugt, das die Hafenaufsicht von Giglio mit dem Kapitän der Costa Concordia unmittelbar nach der Havarie geführt hat. Kapitän Schettino, schon an Land und in Sicherheit, zeigte sich in einem Zustand der Umnachtung, in dem ihm jedes Gefühl für Verantwortung abhandengekommen war. Er hatte das Unglück schon vollständig verdrängt.
So oder ähnlich, in einer Panik, die alles moralische Empfinden überstrahlt, muss man sich auch die Flucht der Schiffsoffiziere in Conrads Roman vorstellen. Der Schriftsteller hat seine Geschichte nicht konstruiert. Am 17. Juli 1880 geriet die britische SS Jeddah mit Pilgern aus Singapur auf der Fahrt nach Mekka in Seenot und wurde von ihrer Besatzung verlassen. Der Fall erregte damals die Öffentlichkeit, wie es heute der Untergang der Costa Concordia tut, und warf die gleichen Fragen nach der charakterlichen Tauglichkeit von Seeoffizieren auf. Lässt sich Todesangst, wenn sie denn empfunden wurde, juristisch bewerten? Aber Conrad geht in seinem Roman noch einen Schritt weiter. Seine bis heute bohrende Frage lautet, ob ein Charakter sich in der Krise tatsächlich zersetze oder nicht vielmehr seinen wahren Kern offenbare. Die Stunde des Versagens, so die bittere Vermutung des Dichters, ist die Stunde der Wahrheit."
Schöner Artikel aus DIE ZEIT
Bullshit. Letzter Mann von Bord heisst letzter Mann von Bord. Nicht irgendwann, nicht vorletzt, sondern letzt. Fertig. End of story.
Dafuer hat der Mann 4 Streifen auf den Schulterstuecken. Nicht drei, nicht zwei oder drei einhalb. Vier Streifen heisst "you are the Man". The last man. My life is in your hands. You are the last man off this ship.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 20:10von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: Maga-neu
21.01.2012 19:59 #102183
Man kann auch zu viel psychologisieren, wie es die ZEIT tut. Der Fall ist einfach: Ein aufgeblasener neapoletanischer Gockel hat sich zur Zeit des Unfalls mit einer jungen Moldawierin an Bord vergnügt, die in den Passagierlisten nicht auftaucht. Wahrscheinlich wollte er sie mit seinem seemännischen Können beeindrucken und ihr zugleich einen Blick auf die wirklich schöne Isola del Giglio - ich habe dort einmal die Ferien verbracht - verschaffen. Dann hat ihn die Panik erwischt, er hat sein Köfferchen gepackt, sein Handy mitgenommen, sich ins Rettungsboot gesetzt und an Land von einem Taxi wegchauffieren lassen. Und dann hat er diese Lügengeschichte erfunden.
btw, er hat in Marsailles schon einmal das Leben der Passagiere riskiert, als er gegen die Empfehlungen der Hafenpolizei den Hafen verlassen hat - trotz drohenden Unwetters. Da kommt alles zusammen: Leichtsinn, Verantwortungslosigkeit, Panik, Feigheit, Gockelhaftigkeit...
Ja, das wird kolportiert - aber ob es tatsächlich so gewesen ist? Welche Rolle spielt die Reederei?
Gerne später irgendwann weiter...
Ich bin ja der ständige Zweifler und Du der, der sich mit einfachen "Wahrheiten" zufrieden gibt!:-)
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 20:12von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: Willie
21.01.2012 20:05 #102188
Bullshit. Letzter Mann von Bord heisst letzter Mann von Bord. Nicht irgendwann, nicht vorletzt, sondern letzt. Fertig. End of story.
Dafuer hat der Mann 4 Streifen auf den Schulterstuecken. Nicht drei, nicht zwei oder drei einhalb. Vier Streifen heisst "you are the Man". The last man. My life is in your hands. You are the last man off this ship.
Wem erzählen Sie das jetzt? Ist ja sogar meine Meinung... aber Panik verändert das Verhalten und zerstört möglicherweise dann auch den Mut!
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 20:25von FrieFie • | 9.092 Beiträge
Zitat von: BerSie
21.01.2012 20:12 #102191
Wem erzählen Sie das jetzt? Ist ja sogar meine Meinung... aber Panik verändert das Verhalten und zerstört möglicherweise dann auch den Mut!
Das Verhalten in Panik kann man nur durch intensives Training beherrschen lernen. Wenn das nicht stattgefunden hat, dann ist man dem Adrenalin ausgeliefert und tut unter Umständen die unsinnigsten Dinge. Da helfen auch die Kapitänsstreifen nichts.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 20:35von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: FrieFie
21.01.2012 20:25 #102192
Das Verhalten in Panik kann man nur durch intensives Training beherrschen lernen. Wenn das nicht stattgefunden hat, dann ist man dem Adrenalin ausgeliefert und tut unter Umständen die unsinnigsten Dinge. Da helfen auch die Kapitänsstreifen nichts.
Ja, aber so ein Training kostet Geld... und gespart wurde, wo man nur konnte!
Und Panik zu simulieren? Ich weiß nicht? Wenn man weiß, dass das im Manöver nur Platzpatronen sind, ist das etwas anderes, als ob einem richtige Kugeln um die Ohren pfeifen.
Tschüß, jetzt muss ich aber los!
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 21:26von Maga-neu • | 35.163 Beiträge
Zitat von: BerSie
21.01.2012 20:10 #102190
Ja, das wird kolportiert - aber ob es tatsächlich so gewesen ist? Welche Rolle spielt die Reederei?
Gerne später irgendwann weiter...
Ich bin ja der ständige Zweifler und Du der, der sich mit einfachen "Wahrheiten" zufrieden gibt!:-)
In diesem Fall bin ich Willies Meinung. Letzter Mann an Bord ist der Kapitän. (Schettino war wohl einer der ersten.) Man denke an das Verhalten von Captain Edward Smith.
Zitat von: BerSieNun ja, etwas nicht Vorhandenes kann man nicht zerstören. Was für ein vigliacco Schettino ist, hat er später mit der Lügengeschichte bewiesen. Der Mann sollte in seinem Leben kein Paddelboot mehr führen dürfen.
21.01.2012 20:12 #102191
Wem erzählen Sie das jetzt? Ist ja sogar meine Meinung... aber Panik verändert das Verhalten und zerstört möglicherweise dann auch den Mut!
Viel Spaß im Kino. Welcher Film?
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 22:04von Ronald.Z • | 1.635 Beiträge
Zitat von: FrieFie
21.01.2012 20:25 #102192
Das Verhalten in Panik kann man nur durch intensives Training beherrschen lernen. Wenn das nicht stattgefunden hat, dann ist man dem Adrenalin ausgeliefert und tut unter Umständen die unsinnigsten Dinge. Da helfen auch die Kapitänsstreifen nichts.
Ich sag's ja ungern, aber Willie hat recht:
Alle Unsäglickeiten sind mit dem Käptensjob auszugleichen.
Keine Panik,
Nix.
Ein Käpt'n ist dafür da so etwas abzufedern. Genau das ist seine Verantwortlichkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen und diese zu klären.
Wenn sowas nicht zählt wird ein Kapitän ncht mehr gebraucht, es reicht ein Steuermann oder ein Lotse.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 21.01.2012 22:09von BerSie • | 3.932 Beiträge
"Drive" hätte es sein sollen! Aber ich hatte mich verlesen; der startet erst am 26.01.! Einne Alternative bot sich nicht an; egal, ich hab´s eh nicht weit!
Gründe:
Das Regiedebüt eines Europäers in Hollywood; bekommt in der epd-film die höchste Bewertung; FSK ab 18.
Letzteres nicht, weil ich auf "Blut und Titten" scharf bin, sondern weil die Produzenten - sicher aus künstlerischen Gründen - auf einen Teil des Publikums verzichten!
http://www.imdb.com/title/tt0780504/
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 01:20von Hans Bergman • | 23.327 Beiträge
Zitat von: Willie
21.01.2012 20:05 #102188
Bullshit. Letzter Mann von Bord heisst letzter Mann von Bord. Nicht irgendwann, nicht vorletzt, sondern letzt. Fertig. End of story.
Dafuer hat der Mann 4 Streifen auf den Schulterstuecken. Nicht drei, nicht zwei oder drei einhalb. Vier Streifen heisst "you are the Man". The last man. My life is in your hands. You are the last man off this ship.
Was für ein unbedachter Unsinn. Wie könnte auch nur ein Mensch auf einem Schiff dieser Größe wissen, ob noch irgendjemand irgendwo an Bord ist.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 07:10von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: Maga-neu
21.01.2012 19:59 #102183
btw, er hat in Marsailles schon einmal das Leben der Passagiere riskiert, als er gegen die Empfehlungen der Hafenpolizei den Hafen verlassen hat - trotz drohenden Unwetters. Da kommt alles zusammen: Leichtsinn, Verantwortungslosigkeit, Panik, Feigheit, Gockelhaftigkeit...
Ich habe mir gerade versucht eine Versuchsanordnung vorzustellen, mit der man bestimmen könnte, ob der Mut (des Kapitäns) noch nie da war, oder erst zum Zeitpunkt der Katastrophe verlustig ging.
Abgesehen davon, dass das wohl keinen großen Erkenntniswert hätte, bin ich daran auch gescheitert.:)
Jedenfalls braucht man Mut ja selten so hochdosiert, meist reichen im normalen Leben ja homöopathische Dosen. Menschen versuchen ja auch Situationen zu vermeiden, in denen sie mutig sein müssten. Sind Desperados mutig? Wo liegt die Grenze zum Leichtsinn?
Mit dem Mut scheint es so zu sein wie mit den kurzlebigen Teilchen in der Kernphysik; er entsteht und zerfällt - möglicherweise in Bruchteilen von Sekunden - und scheint schwer erforschbar.
Mut als "Handlungsweiche" mit schwerwiegenden Konsequenzen!
Zitat von: BerSie
22.01.2012 00:10 #102231
Ich habe mir gerade versucht eine Versuchsanordnung vorzustellen, mit der man bestimmen könnte, ob der Mut (des Kapitäns) noch nie da war, oder erst zum Zeitpunkt der Katastrophe verlustig ging.
Abgesehen davon, dass das wohl keinen großen Erkenntniswert hätte, bin ich daran auch gescheitert.:)
Jedenfalls braucht man Mut ja selten so hochdosiert, meist reichen im normalen Leben ja homöopathische Dosen. Menschen versuchen ja auch Situationen zu vermeiden, in denen sie mutig sein müssten. Sind Desperados mutig? Wo liegt die Grenze zum Leichtsinn?
Mit dem Mut scheint es so zu sein wie mit den kurzlebigen Teilchen in der Kernphysik; er entsteht und zerfällt - möglicherweise in Bruchteilen von Sekunden - und scheint schwer erforschbar.
Mut als "Handlungsweiche" mit schwerwiegenden Konsequenzen!
Er ist durchaus erforsch- und eingrenzbar. Menschenverhalten in Gefahren, Stress und Ausnahmesituationen koennen sowohl geprueft wie auch geschult werden.
Dafuer gibt es naemlich Auswahlverfahren nach Erfahrungs- und Leistungskriterien, sowie umfangreiche psychologische Evaluierungen.
Genau wie beim Militaer und in der kommerziellen Luftfahrt auch.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 13:40von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: Willie
22.01.2012 09:05 #102233
Er ist durchaus erforsch- und eingrenzbar. Menschenverhalten in Gefahren, Stress und Ausnahmesituationen koennen sowohl geprueft wie auch geschult werden.
Dafuer gibt es naemlich Auswahlverfahren nach Erfahrungs- und Leistungskriterien, sowie umfangreiche psychologische Evaluierungen.
Genau wie beim Militaer und in der kommerziellen Luftfahrt auch.
Ja, es gilt Paniken im Vorfeld zu vermeiden. Wenn sie erst einmal ausgebrochen sind, sind sie nicht mehr beherrschbar!
Wenn ein Kapitän seinen Passagieren in Schwimmweste mit einem Megafon "Rette sich, wer kann!" zuruft, dann mit Daumen und Zeigefinger die Nasenlöcher verschließt und über die Reling springt, ist das einer geordneten weiteren Evakuierung wohl nicht zuträglich. Aber der Kapitän ist ja unglücklich in ein Rettungsboot gefallen...
Zitat von: BerSie
22.01.2012 13:40 #102247
Ja, es gilt Paniken im Vorfeld zu vermeiden. Wenn sie erst einmal ausgebrochen sind, sind sie nicht mehr beherrschbar!
Wenn ein Kapitän seinen Passagieren in Schwimmweste mit einem Megafon "Rette sich, wer kann!" zuruft, dann mit Daumen und Zeigefinger die Nasenlöcher verschließt und über die Reling springt, ist das einer geordneten weiteren Evakuierung wohl nicht zuträglich. Aber der Kapitän ist ja unglücklich in ein Rettungsboot gefallen...
Bei einer unglücklichen Welle können selbst Seebeine versagen ;-)
Zum Glück ist dem Kapitän nichts passiert, so daß er angeklagt werden kann und muss.
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 19:52von Maga-neu • | 35.163 Beiträge
Zitat von: BerSieStimmt, der Erkenntniswert geht wohl gegen Null. Schettino ist ein denkbar uninteressantes Studienobjekt - außer, wenn man sich für verantwortungslose Kapitäne interessiert.
22.01.2012 07:10 #102231
Ich habe mir gerade versucht eine Versuchsanordnung vorzustellen, mit der man bestimmen könnte, ob der Mut (des Kapitäns) noch nie da war, oder erst zum Zeitpunkt der Katastrophe verlustig ging.
Abgesehen davon, dass das wohl keinen großen Erkenntniswert hätte, bin ich daran auch gescheitert.:)
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 20:06von Joachim Baum • | 1.197 Beiträge
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 20:06von BerSie • | 3.932 Beiträge
Zitat von: Maga-neu
22.01.2012 19:52 #102314
Stimmt, der Erkenntniswert geht wohl gegen Null. Schettino ist ein denkbar uninteressantes Studienobjekt - außer, wenn man sich für verantwortungslose Kapitäne interessiert.
Panikforschung ist interessant! Die Haddsch gilt als größtes Fußgängerproblem der Welt!
Kommt in dieser Studie zwar nicht vor... aber manchmal können es die klitzekleinsten Dinge, die Situationen eskalieren lassen!
http://www.age-info.de/PDF/SicherheitHelbing.pdf
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 20:21von primatologe • | 8.476 Beiträge
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 21:44von BerSie • | 3.932 Beiträge
"Immer mehr Touristen kommen auf die Insel Giglio, um das havarierte Kreuzfahrtschiff mit eigenen Augen zu sehen - vor allem sind es Italiener, die sich bereits auf der Fähre mit ihren Handykameras an der Reling drängen. Marcello, der mit seiner Frau aus Perugia angereist ist, erzählt stolz, dass er auf dem Festland im Hafenort Porto Santo Stefano noch ein Hotelzimmer für 70 Euro ergattert hat. Denn auch die Hoteliers haben die Möglichkeiten erkannt, die sich ihnen durch das Unglück bieten - vor allem im Januar, wenn sich hierher normalerweise kaum ein Tourist verirrt. "
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,810358,00.html
Scheint sich zu einem lukrativen Geschäft zu entwickeln, diese Katastrophe!
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 22:59von Hans Bergman • | 23.327 Beiträge
RE: Kapitän Schettino und Lord Jim
in Allgemeines 22.01.2012 23:06von Hans Bergman • | 23.327 Beiträge
Zitat von: BerSie
22.01.2012 07:10 #102231
...Ich habe mir gerade versucht eine Versuchsanordnung vorzustellen, mit der man bestimmen könnte, ob der Mut (des Kapitäns) noch nie da war, oder erst zum Zeitpunkt der Katastrophe verlustig ging.
Für mich wäre noch interessanter zu wissen, wie ein Kapitän wissen soll, ob noch jemand an Bord ist. Bei einem Ruderboot kann ich mir das sehr gut vorstellen. Bei Tausenden von Passagieren eine schiere Unmöglichkeit.
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